INTERVIEW: Valentin Alex - Feuerläufer, Tänzer und Yogi

Valentin Alex vom Yoga Team Berlin spricht mit Kristin Rübesamen über seinen Weg:

Was siehst Du, wenn du in eine der übervollen Kurse in Berlin Mitte kommst?
Ich sehe eine wilde Mischung von Leuten, die alle ihren ganz eigenen Grund haben, Yoga zu praktizieren. Manche kommen, um den Tag entspannt ausklingen zu lassen, manche, weil sie wirklich gestresst und belastet sind und das loswerden oder heilen wollen. Manche wollen gesehen werden und ziehen ihre heissesten Sachen dafür an, manche fühlen sich etwas fremd in der "Berlin-Mitte"-Welt und verstecken sich eher. Und dann gibt es inzwischen die neuen Männer, die sich in Mitte treffen und sich freuen, nicht mehr die Einzigen ihrer Art zu sein, die Yoga üben. Aber alle nehmen am Ende der Yoga-Praxis etwas mit, was sie leichter und strahlender macht und das freut mich.
Warum fängst Du die meisten deiner Stunden immer im Stehen an?

Ich habe als Yogaschüler erlebt, dass ich zu Beginn einer Yogastunde vom Yogalehrer in die Entspannung gesäuselt wurde oder erstmal stundenlang zugetextet wurde und dabei fast eingenickt bin.


Das ist auch ein Weg, die Yogastunde zu beginnen, vor allem wenn ich danach "Schaf-Fell-Yoga" praktiziere. Aber wenn ich in eine dynamische Yogastunde gehe, erwarte ich etwas anders. Im Stehen zu beginnen ist mich das Startsignal für eine energetisierende Yogapraxis: Ein Aktivieren meiner Lebenskraft, bevor ich am Ende der Yogapraxis in die tiefe Entspannung von Savasana sinken darf.
Warum kommt in jeder Stunde der "Tänzer"?
Ja, Tänzer in allen Variationen: mit Gurt, Arme über dem Kopf, auf dem Klotz, mit Übergang zur Halbmond-Variante. Ich liebe den Tänzer, endlich mal ein Herzöffner im Stehen!
Warst du früher Tänzer?
Ich war in meinem letzten Leben Schauspieler und habe auch in etlichen Musicals gespielt, wo Du alles können musst: schauspielen, singen und tanzen. Das habe ich auch professionell gelernt an der HdK in Berlin. Meine Lieblingsrolle, in der ich auch tanzen musste war "Bernardo" in "West Side Story" im Stadttheater Bern und im Theater Dortmund.
Erzähl uns von Deinem Leben vor Yoga?
Viele Vorsprechen, Drehtage, Theaterproben, viel Rotwein und Zigaretten, viel Leidenschaft und Freude am Spielen, aber auch Druck und Machtkämpfe. Alles in allem war es eine gute Zeit, aber ich bin sehr froh, dass diese Zeit vorbei ist.


Ich bin froh, über den Wechsel zum Yoga in meinem Leben. Ohne diesen Wechsel wäre ich jetzt krank.
Welche Highlights, welche Katastrophen gab es da und wie sieht es heute aus?
Die Katastrophen waren für mich immer die Momente, an denen ich Back-Stage am Premierenabend kurz vor Beginn der Vorstellung stand und mich fragte, "Was tust Du hier eigentlich?". Das Lampenfieber hat mich fertig gemacht und der erste Schritt auf die Bühne, wenn mein Stichwort kam, war für mich immer der Schritt durch eine enorme Angst. Der Schritt über meine rote Linie! Ich habe es gehasst und geliebt gleichermaßen. Jetzt bin ich dankbar, daß ich damals geübt habe, diese Angst zu überwinden, wie jetzt im Yoga-Üben. Die Momente, in denen das ganze Ensemble wirklich zusammengespielt hat, in denen es diesen "Flow" auf der Bühne gab, waren die Highlights.
Du sprichst viel von Potential in deinen Stunden. Hast Du deines bereits voll ausgeschöpft?
Nein. Ich bin gerade dabei zu erahnen, was noch in mir schlummert. Wie langweilig, wenn es da nichts mehr zu erobern gäbe. Ich möchte Abenteuer erleben, bis ich ein 100-jähriger Yogi bin. Zur Zeit entdecke ich meine Begeisterung an Feuerläufen als Feuerlauf-Trainer. Ist 'ne heiße Sache!


Du bist mit einer Yogini, der wunderbaren Irina, verheiratet. Wie müssen wir uns einen Yogi-Haushalt vorstellen?
Was für ein Glück, dass ich diese Frau getroffen habe. Sie ist klug, tolerant, weise, schön und kraftvoll, eine liebevolle Begleiterin. Obwohl wir beide die Tendenz haben, überall unsere Klamotten hinzuschmeissen, muss immer Platz für das Ausrollen der Yoga-Matten vorhanden sein. Seit wir in der Gartenstr.3c in Berlin-Mitte unser YogaTeamBerlin@Home eröffnet haben, sind wir etwas ordentlicher geworden.
Teilt Ihr eine Nasendusche?
Ich habe meine ganz eigene! Irina hasst Nasenduschen.
Was kann Yoga nicht?
Das, was nicht als Sehnsucht in Dir brennt, kann auch Yoga nicht hervorzaubern. Aber wenn da etwas ist, wonach Du Dich sehnst, kann Yoga ein hervorragendes Instrument sein, um endlich aufzublühen. Mit dieser Sehnsucht im Herzen kann auch ein Spaziergang, ein Bad im Meer, ein Krafttraining, eine Berührung, ein Feuerlauf für immer bleiben. Herzloses, sinnloses Fitness-Yoga wird vielleicht für den Moment erleichternd wirken, aber nie mehr bewirken.
Was tust Du außer Yoga?


Hab ich es schon erwähnt? Feuerlaufen! Ich liebe es. Sich selbst den Beweis dafür anzutreten, dass das Unmögliche möglich werden kann. Nicht nur zu labern über das vollkommene Potential, über die Liebe und die Fähigkeiten, sondern es in die Praxis umzusetzen, das ist für mich wahrhaft Yoga. Ich finde, im Yoga wird öfters zuviel über Liebe geredet und zuwenig Liebe praktiziert. Außerdem mache ich supergerne Liegestütze und nehme auch mal eine Hantel in die Hand, aber zwei Stunden Fitneßstudio ist mir zu langweilig. Als Vertreter des Sternzeichens Fische liebe ich es, zu schwimmen. Vielleicht mache ich deshalb so viele Retreats am Meer.
Wie heiß ist Feuer?
Feuer ist immer so heiß, wie das Herz brennt. Wenn Du vor diesem rotglühenden Teppich stehst und den ersten Schritt auf die Glut machst, merkst Du nichts, außer lodernde Begeisterung. Das funktioniert natürlich nur mit einer guten Feuerlauf-Vorbereitung, die bei mir von 14 Uhr bis nachts 22:30 Uhr dauert.
Hast Du eine Grippe-Impfung?
Nein. Ich laß mich überhaupt nicht impfen, gegen nichts! Ich bin überzeugt, dass es ein gesundes Leben ohne Impfung gibt.


Wie männlich ist Yoga?
Yoga ist für Männer die Königs-Disziplin. Ein Mann findet in einer dynamischen Yoga-Stunde alles, was er braucht, um sich gut zu fühlen. Herausforderung, Freude und Befreiung. Und so ganz nebenbei rutscht der Yin-Aspekt, also der weibliche Aspekt der Yoga-Praxis ins System. Das war meine Heilung. In anderen Kulturen gibt es für junge Männer eine Initiation, eine "Einweihung". Sowas bewirkt auch Yoga.
Kann man zuviel Yoga machen?
Ja. Wenn Yoga Dinge an die Oberfläche trägt, die geändert oder angeschaut werden müssen, dann ist es Zeit, genau das zu tun. Aber wenn man die Augen verschliesst und wenn man die gewohnte Sicherheit nicht verlassen will, kann man physisch Yoga praktizieren, so oft man will, es wird nicht helfen. An dieser Stelle beginnt Yoga mitten im Leben, mitten im Alltag. Da ist Mut gefragt.
Was wirst Du heute abend essen?
Das, worauf ich Appetit habe. Ich halte nichts von Dogmen, was die Ernährung betrifft. Wenn mein Bauch vegetarisches möchte, kriegt er das. Wenn er Fleisch braucht ebenfalls, von Tieren, die ein glückliches Leben hatten. Wenn man wirklich den Impuls von innen wahrnimmt, isst man genau das Richtige. Wenn man sich irgendwas einredet, kann das eine ziemliche Kopfsache sein und unglücklich machen. (Anmerkung: Seit 2013 ernährt sich Valentin 99% vegan)